Es wird aktuell im FSJ/BFD-Jahrgang 2022/23 des Wohlfahrtswerks für Baden-Württemberg durchgeführt. Finanziert wird das Projekt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat.
In den vergangenen Jahren stieg die Anzahl der Freiwilligen, die offen queer leben (z.B. lesbisch, schwul, trans*gender), deutlich. Mit zunehmender Sichtbarkeit dieser Personengruppe ergaben sich für die pädagogische Arbeit des FSJ/BFD beim Wohlfahrtswerk neue Herausforderungen und Klärungsbedarfe. Queere Jugendliche sind häufiger von Diskriminierung und Abwertung betroffen und haben oftmals mehr Hindernisse auf ihrem Weg ins Erwachsenen- und Berufsleben zu überwinden. Entsprechend sind queere Jugendliche deutlich häufiger von psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen betroffen als heterosexuelle Jugendliche. Wie hier ein unterstützendes Umfeld geboten werden kann, das zu einem erfolgreich durchgeführten Freiwilligendienst führt, erarbeitet eine Projektgruppe des FSJ/BFD.
Ein Freiwilligendienst ist immer auf die Stärkung der persönlichen Entwicklung eines jungen Menschen ausgelegt und muss die jeweiligen Unterstützungsbedarfe berücksichtigen. „Es geht im Projekt darum, den besonderen Umständen, die ein Coming-out häufig mit sich bringt, mit gesteigerter Sensibilität zu begegnen. Wir haben verschiedene Wege überlegt, wie wir alle am Freiwilligendienst Beteiligten mit in diesen Prozess einbeziehen können“, erklärt die stellvertretende Gesamtleitung des FSJ/BFD, Petra Hellstern, den Hintergrund der Maßnahmen.
Vernetzungsgruppe fördert den Austausch
Im Zentrum steht eine neu eingerichtete Gruppe, die sich an alle Freiwilligen richtet, die sich als nicht-heterosexuell identifizieren. Das freiwillige Angebot besteht zusätzlich zu den verpflichtenden Seminarveranstaltungen und wird von queeren Mitarbeitenden geleitet. Diese Vernetzungsgruppe ist als Schutzraum konzipiert, in dem allen Teilnehmenden die Möglichkeit geboten wird, ihre Eindrücke mit Menschen zu teilen, die diese gut nachempfinden können und Verständnis für die persönlichen Anliegen haben. Gemeinsam werden Erfahrungen aus den Einsatzstellen besprochen, aktuelle politische Themen mit LSBTTIQ-Bezug diskutiert und prägende Erlebnisse geteilt. Da die Freiwilligen in ganz Baden-Württemberg wohnen, finden die Treffen an wechselnden Orten statt. Dies bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich mit lokalen Jugendgruppen zu vernetzen und spezifische Institutionen kennenzulernen.
Bei den Teilnehmenden kommt die Vernetzungsgruppe positiv an. „Als ich das erste Mal dabei war, haben wir uns in einem queeren Kulturzentrum in Stuttgart getroffen. Obwohl ich niemanden kannte, habe ich mich voll wohlgefühlt. Weil man irgendwie ähnliche Sachen erlebt hat, muss man bestimmte Dinge nicht extra erklären, sondern fühlt sich immer verstanden“, berichtet eine 17-jährige Teilnehmerin. „Ich wohne in einer Kleinstadt und kenne da keine anderen queeren Leute. Durch den Treff habe ich neue Freunde kennengelernt, mit denen ich jetzt viel Kontakt habe. Durch ähnliche Erfahrungen versteht man sich eigentlich immer, ohne sich groß erklären zu müssen“, ergänzt ein 18-jähriger Teilnehmer.
Mehr Wissen aufbauen
Die pädagogischen Mitarbeitenden, die als Ansprechpartner*innen für alle Anliegen während des Freiwilligendiensts zur Verfügung stehen, sind für die Jugendlichen wichtige Bezugspersonen. Daher werden für das gesamte Team der vier FSJ/BFD-Regionalbüros des Wohlfahrtswerks verschiedene Fortbildungen zur Thematik angeboten. In enger Kooperation mit Expert*innen von Queer-Beratungsstellen und Bildungsinitiativen wird Wissen rund um die Themen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt vermittelt.
Den größten Teil des Freiwilligendienstes verbringen die Jugendlichen in einer der über 700 Einsatzstellen mit denen das Wohlfahrtswerk in ganz Baden-Württemberg zusammenarbeitet. Sie gestalten daher die Bedingungen für einen „queer-freundlichen“ Freiwilligendienst entscheidend mit. Im Rahmen des Projekts werden sie in die Diskussion über Werte und Akzeptanz einbezogen. Durch Workshops und zahlreiche Kooperationen im queeren Umfeld wie Bildungsvereinen, lokalen Jugendgruppen und weiteren LSBTTIQ-Institutionen, wurde ein nachhaltiger Weg gewählt, um die queeren Freiwilligen auch in den kommenden Jahrgängen durch mehr Kompetenz und Akzeptanz zu fördern.
Kontakt Projekt engagiert & queer
Petra Hellstern, Stellv. Gesamtleitung FSJ/BFD 0711 619 26-165,
petra.hellstern@wohlfahrtswerk.de
Über FSJ und BFD
Das Freiwillige Soziale Jahr und der Bundesfreiwilligendienst sind bundesweite soziale Freiwilligendienste. In Baden-Württemberg engagieren sich über 20.000 junge Menschen in diesen Diensten, in der Regel für zwölf Monate. Durch die Freiwilligen werden in vielen sozialen Einrichtungen die Fachkräfte unterstützt und zusätzliche Angebote möglich. Die jungen Menschen machen im Freiwilligendienst wertvolle persönliche Erfahrungen und gewinnen neue Perspektiven für ihr Leben und die berufliche Orientierung. Interessierte können sich an fsj-bfd@wohlfahrtswerk.de wenden.
Über das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg
Mit rund 1.250 Freiwilligen pro Jahrgang ist das Wohlfahrtswerk einer der größten Träger des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) in Baden-Württemberg und gleichzeitig Träger des Bundesfreiwilligendienstes.