Aufgrund der angespannten Situation hat sich das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg als einer der größten Träger der Freiwilligendienste im Land für den Austausch mit Landtagsabgeordneten engagiert. „Der Bund muss in die Freiwilligendienste investieren, statt die ohnehin nicht gerade üppigen Fördermittel kürzen zu wollen“, erklärt Corinna Mühlhausen, Leitung der Freiwilligendienste beim Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg. In der Kindersolbad gGmbH in Bad Friedrichshall fand dazu ein Termin mit Abgeordneten der Parteien Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und SPD statt.
Das Wohlfahrtswerk schlägt vor, die Freiwilligendienste noch attraktiver zu gestalten. „Durch die Zahlung eines staatlich finanzierten Freiwilligengeldes auf BAföG-Niveau könnten sich auch junge Menschen einen Freiwilligendienst leisten, bei denen das Engagement bisher aus finanziellen Gründen nicht möglich ist“, führt Mühlhausen aus. Die Anrechnung des Engagements auf Ausbildung und Studium als Gegenwert, ganz praktisch die kostenlose Nutzung des Nah- und Fernverkehrs sowie eine grundsätzlich höhere Wertschätzung in der Gesellschaft wären weitere Maßnahmen. Die meisten Freiwilligen im FSJ/BFD in Baden-Württemberg erhielten derzeit zwischen 400 und 500 Euro monatlich an Taschengeld, Verpflegungsgeld und ggf. Mobilitätszuschlag. Zum Vergleich: Eine 18-jährige Person, die einen freiwilligen Wehrdienst leistet, kommt monatlich auf über 1.650 Euro Netto-Sold.
Die derzeitigen Diskussionen um ein Gesellschaftsjahr und einen Pflichtdienst zeigen, wie hoch der Bedarf nach Engagement und Ehrenamt in unserer Gesellschaft ist. Der Gegenvorschlag eines Rechtsanspruchs auf einen Platz würde den Freiwilligen und den sozialen Einrichtungen hingegen die nötige Planungssicherheit geben. „Wenn es Gelder für mehr Plätze gäbe, dann könnte die Anzahl der Freiwilligen und neuen Plätze in Einsatzstellen in den nächsten Jahren verdoppelt werden“, schätzt Stefanie Adam, FSJ-Regionalbüroleiterin in Heilbronn. In Anbetracht der drohenden Kürzungen allerdings könnte es passieren, dass junge Menschen abgelehnt werden müssen mit der Begründung: „Tut uns leid, Sie werden zwar gebraucht, aber wir können Ihren Platz nicht finanzieren!“ Aktuell sind rund 30 Plätze in ihrem Einsatzbereich aus diesem Grund gefährdet.
Freiwillige werden rundum geschätzt
Der Einsatz von Freiwilligen ermöglicht in den Einrichtungen zusätzliche Angebote, für die dem ohnehin überlasteten Personal oftmals die Zeit fehlt. Das bestätigt auch Benjamin Kaufmann, Geschäftsführer der Kindersolbad gGmbH: „Die Freiwilligen sind in jedem Angebot nicht wegzudenken. Sie spielen in der Bewältigung des Alltags eine sehr zentrale Rolle und sind gleichzeitig für die von uns betreuten Kinder und Jugendlichen sehr wichtige Ansprechpersonen. Ihr Wegfall wäre für uns eine riesiger Verlust, von dem wir nicht wüssten, wie wir diesen auffangen sollten.“ Das Kindersolbad bietet insgesamt 10 Plätze für Freiwilligendienste an. Sechs der Freiwilligen werden in Wohngruppen eingesetzt, ein Freiwilligendienst ist in der teilstationären Tagesgruppe, zwei im ambulanten Angebot der Jugendhilfe im Lebensfeld und eine Stelle in der Schulsozialarbeit an einer Grundschule.
Diese Erfahrungen haben auch zwei der diesjährigen Freiwilligen im Kindersolbad gemacht. „Ohne uns Freiwilligen könnten Alltagstermine wie Hobbys oder Arzttermine der Kinder nicht begleitet werden, weil oft nur eine Fachkraft im Dienst ist und diese auf die anderen Kinder aufpassen muss“, legt Janne Henninger dar. Er hat sich in seinem Bundesfreiwilligendienst (BFD) in der Kindergruppe Spatzen die Zeit dafür nehmen können, etwas mit den Kindern alleine zu machen. „Das ist für die Kinder sehr wertvoll“, stellt er fest.
Viktoria Schigal, die sich ebenfalls ein Jahr lang freiwillig auf einer Wohngruppe engagiert, ergänzt: „Ich nehme den Fachkräften den Stress ab und kann mich mit den Kindern beschäftigen, malen und spielen, während die Fachkräfte Hilfepläne und Büroarbeiten erledigen müssen.“ Sie kann sich um die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten und das Drumherum kümmern, sodass sich die Fachkräfte auf die pädagogischen Themen konzentrieren können.
Bildunterschrift: Landtagsabgeordnete informieren sich über den Freiwilligendienst in der Kindersolbad gGmbH. (Foto: Kindersolbad gGmbH)
Über FSJ und BFD
Das Freiwillige Soziale Jahr und der Bundesfreiwilligendienst sind bundesweite soziale Freiwilligendienste. In Baden-Württemberg engagieren sich über 20.000 junge Menschen in diesen Diensten, in der Regel für zwölf Monate. Durch die Freiwilligen werden in vielen sozialen Einrichtungen die Fachkräfte unterstützt und zusätzliche Angebote möglich. Die jungen Menschen machen im Freiwilligendienst wertvolle persönliche Erfahrungen und gewinnen neue Perspektiven für ihr Leben und die berufliche Orientierung.
Über das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg
Mit rund 1.300 Freiwilligen pro Jahrgang, davon ca. 300 Stellen in der Region Heilbronn, ist das Wohlfahrtswerk einer der größten Träger des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) in Baden-Württemberg und gleichzeitig Träger des Bundesfreiwilligendienstes (BFD).
https://wohlfahrtswerk.de/fsj-bfd
Über das Kindersolbad gGmbH
Das Kindersolbad widmet sich der modernen, systemisch-familienorientierten Arbeit in der Jugendhilfe (DGSF). Als integrative Einrichtung spannen wir ein breites Netz aus ambulanten, teilstationären und stationären Hilfsangeboten. Unsere Mission ist es, Licht in die Lebenswege junger Menschen und ihrer Familien zu bringen, indem wir individuell abgestimmte Unterstützung anbieten, die nicht nur Wege aus der Not zeigt, sondern auch Türen zu neuen Möglichkeiten öffnet. In unseren 10 Wohngruppen bieten wir Schutz für insgesamt 72 junge Menschen in Gefahrensituationen, unterstützen bei der Überwindung von vielfältigen Problemen und fördern Betroffene und ihre Familien bei der Entwicklung einer positiven Zukunftsperspektive. Neben langfristiger Wohnbetreuung bieten wir auch teilstationäre und ambulante Erziehungsangebote an.
Das Kindersolbad kooperiert im Freiwilligendienst seit vielen Jahren mit dem Wohlfahrtswerk und bietet jährlich 10 Stellen in den Bereichen FSJ und BFD an.
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Corinna Mühlhausen
Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg
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